Die Rheinpfalz – 07.07.2003
80 Einwohner, 40 Helfer und jede Menge Gäste
„Die Pfalz feiert“ lautet das Thema des diesjährigen Fotowettbewerbs für RHEINPFALZ-Leserinnen und -Leser, bei dem es eine Digitalkamera sowie Geldpreise im Wert von insgesamt 1500 Euro zu gewinnen gibt. Gesucht sind die schönsten Schnappschüsse von Menschen in der Pfalz, die zum Feiern zusammengekommen sind. Parallel dazu berichten wir, wie in der Pfalz gefeiert wird. Heute geht es ums Dorffest in Pörrbach, einem kleinen Ort im Kreis Kaiserslautern.
Von unserer Redakteurin Anke Herbert
„Männer heulen ja sonst so selten.“ Gudrun Lindner darf das, den Schalk im Nacken, sagen. Ist es doch Ehemann Walter, der ihr in einer Garage in Pörrbach, einem rund 80 Einwohner zählenden Ortsteil von Schwedelbach (Kreis Kaiserslautern), gegenübersitzt und Berge von Zwiebeln hackt. Allerdings: Der 57-Jährige weint nicht. Dafür färben sich die Augen einiger Frauen in seiner Nähe rot. Was den Blick auf die Pellkartoffeln, die geschält werden wollen, leicht trübt.
Einen Zentner „Rohware“ hatte Günter Heinz, Vorsitzender des fürs Pörrbacher Dorffest verantwortlichen Heimatvereins, am Samstagmorgen auf die Haushalte verteilt. „Jeder kocht mindestens einen Topf, dann kommen wir zusammen und pellen sie gemeinsam, am Ende stehen Bratkartoffeln“, erläutert seine Frau Monika den Vorlauf des Dorffests, das seit Mitte der 80er Jahre gefeiert wird und mit dem ersten Julisonntag mittlerweile einen festen Termin hat. Wie gestern eben.
Nicht nur die Kartoffeln wurden zuvor verteilt. „Auch 70 Kilo Schwenkbraten und 30 Kilo Bratwurst“, zählt Monika Heinz auf, von Wurst- und Krautsalat oder gefrorenen Pommes ganz zu schweigen. Während das Essen am Samstag vorbereitet wurde, steht der Großteil der Organisation schon länger. Über 100 Mitglieder hat der Heimatverein, 80 Einwohner Pörrbach, mindestens 40 Helfer werden gebraucht. „Die kommen nicht alle aus dem Ort, wir haben auch Mitglieder aus Nachbargemeinden wie Schwedelbach oder Erzenhausen“, erklärt Günter Heinz die Rechnung. „Wer zuzieht, ist automatisch mit dabei“, meint Ulrike Geib und lacht. Sie und ihr Mann Gunter, der mittlerweile auch Zwiebeln schneidet, leben seit acht Jahren in Pörrbach. In drei Schichten sorgen die Helfer dafür, dass alles klappt: vom Bierzapfen bis zum Kuchenverkauf.
Günter Heinz erzählt auch über den Ursprung des Fests: Vom damaligen Pörrbacher Gastwirt angeregt, gefiel es allen so gut, dass es zum festen Bestandteil im Dorfleben wurde. „Das stärkt die Gemeinschaft, und es ist eine Superwerbung“, bringt Walter Lindner es auf den Punkt. Fast schwärmerisch erzählt er, dass vieles schon ganz automatisch laufe. Wie die Kuchen, die die Leute im Dorf, „auch Nichtmitglieder“, einfach so backen und am Festtag ohne große Worte abliefern würden. Ums Geldverdienen geht es ohnehin nicht: Zum einen sind die Preise zivil, zum anderen wird der Überschuss für etwas verwendet, das allen zugute kommt. Wie Ruhebänke für den Friedhof im vergangenen Jahr. Und weil es seit längerer Zeit keinen richtigen Festplatz mehr gibt, feiern die Pörrbacher mit ihren Gästen in Garagen, auf dem Bürgersteig und der Dorfstraße. Am frühen Sonntagmorgen wird sie gesperrt, ein kleines Zelt aufgebaut. Egal, wie lange am Abend zusammen gesessen wird: Danach muss die Ortsdurchfahrt wieder geräumt sein. „Wir nehmen uns meist am Montag frei“, meint Günter Heinz, auf den heute also auch noch Aufräumarbeit wartet.
Tradition ist es mittlerweile auch, dass das Fest mit einem evangelischen Gottesdienst beginnt. Im kleinen Festzelt, denn eine eigene Kirche hat Pörrbach nicht. „Danke für die Vorfreude, die uns jetzt ganz erfasst hat“, meint denn auch Wolfgang Schumacher, Pfarrer beim Evangelischen Presseverband in Speyer, kurz nach 10 Uhr. Er vertritt Gemeindepfarrerin Dorothee Wüst, die auf Konfirmandenfreizeit in Trier ist. Den Besuchern gefällt’s, und hinterher gibt es frisch gezapftes Bier und die ersten Steaks.
Gut drei Stunden später wird Bernd Domanetzki die Pferde einspannen. Dann stehen Kutschfahrten für die Kinder an. Noch ist der Himmel bedeckt, Walter Lindner aber zuversichtlich: „Mit einer Ausnahme hatten wir es beim lieben Gott immer gut stehen.“ Es sollte auch am gestrigen Sonntag so sein.